Martin Mißfeldt – Malerei
Martin Mißfeldt
Moderne Malerei und Ölgemälde
Neue Punkte-Bilder
22.10.22–05.11.2022
„Malerei für Kurzsichtige – Punktuelle Erinnerungen“:
Martin Mißfeldt zeigt die „Bruegel-Serie“.
Farbige Punkte, keine Linien. Die Bilder von Martin Mißfeldt (*1968) erinnern an Sehtests zur Prüfung des Farbensehens – sie bestehen aus farbigen Punkten. Allerdings entfalten sich die Motive erst mit zusammengekniffenen Augen oder – bei Kurzsichtigen – beim Betrachten ohne Brille. Kunstgeschichtlich Bewanderte werden ahnen, dass sie die Bilder kennen, es entsteht ein Spiel mit der Erinnerung. Hat man sie dann erkannt, werden plötzlich Details aus den Tiefen des visuellen Gedächtnisses gekramt und gesehen, die gar nicht da sind. Durch Herantreten und Zurückgehen verändert sich der Fokus, und aus farbigen Punkten entstehen Motive, bekannte Bilder.
Ein Teil der Bilder der Ausstellung sind von Pieter Bruegel d.Ä. inspiriert. Die aus Widersinn und Absurdität geprägte Welt des Bauernbruegel ist hochaktuell. „Die Entfremdung der Wahrnehmungswelt ist ein wohlbekanntes Phänomen der kranken Seele.“ (aus Hans Sedlmayr „Die Maccia Bruegels“). Mißfelds Bilder bestehen aus Farbflecken, die Motive bleiben unklar, sind verschwommen, man erinnert oder ahnt, was sie zeigen – aber letztlich bleibt es rätselhaft.
Seit seinem Studium Anfang der 90er Jahre (Meisterschüler bei Baselitz) nutzt Mißfeldt die klassischen handwerklichen Methoden für seine Bilder: Bleistift, Aquarell und Öl auf Leinwand.
Seine Punktebilder sind bewusst keine Ausdrucke digitaler Entwürfe, sondern handgemachte Werke mit vielen Fehlern als individuellen Malspuren. Die uns täglich umgebende Bilderflut wird im Thumbnail-Format der Google Bildersuche
gebändigt. Alles gleich groß bzw. klein, alles gleich wichtig, alles gleich schön. […]
Für Martin Mißfeldt ist die Ausstellung in der box auch eine Erinnerung an die Anfänge, an scheinbar überholte Ideale von Malerei und Zeichnung. Er selbst sagt, seine Bilder kämen 100 Jahre zu spät. Sie hätten um 1922 gemalt worden sein müssen – nur wurden sie seinerzeit vergessen. Es geht um Farbe, um Wahrnehmung, um die Aneignung und Überwindung von Kunstgeschichte, verbunden mit der Hoffnung, die Welt besser und das Leben lebenswerten zu machen. Es sind Erinnerungen an eine Zeit, als die Kunst sich noch nicht politischen oder sozialen Forderungen unterwerfen musste. Eine Zeit, in der es noch um ästhetische Erfahrung und Selbstreflexion, aber auch die Lust an der visuellen Wahrnehmung ging.